Die Geschichte des Eichsfeldes - Die Geschichte einer Familie
Mit dem Eintritt des Thüringer Raumes in die Geschichte wird auch der Name Hagen erstmals erwähnt. Widukind, geb. um 925, der Verfasser der Sachsengeschichte, schreibt von einem ergrauten Krieger Hathagat-Hagen,
der, als er hörte, die Franken wollten sich mit den geschlagenen
Thüringern, die sich in der Burg Scheidungen zurückgezogen hatten, gegen
die Sachsen verbünden, die Feldzeichen ergriff und seine Sachsen
aufforderte, die Burg anzugreifen. So wurde Scheidungen am 1. Okt. 524 von den Sachsen unter ihrem Feldherzog erstürmt und eingenommen. Für
diese militärischen Erfolge gegen die Thüringer soll den Sachsen
Nordthüringen zugefallen sein. Noch heute verläuft die niedersächsische
Sprachgrenze zwischen Ober- und Untereichsfeld.
Nach der Zerstörung der Burg erhält Hathagat Land am Südharz, wo er die Burgen Ober- und Niederhagen, später Rüdigershagen genannt, erbaute. Unter Hathagat soll noch die Burg Mühlhausen als Bollwerk gegen die räuberischen Hunnen wiedererrichtet worden sein.
Über die Namen Rüdiger-Heyso-Siegbert-Rüdiger-Gero-Otto-Rüdiger Kersten-Thoring-Rüdiger-Kersten-Bruno führt die Stammreihe zu Ernst um das Jahr 1100, mit dem die urkundlich nachgewiesene Stammfolge der Hagen-Westernhagen beginnt.
Um 718 soll die Burg Mühlhausen, die auch die Hayner(Hagen)-Burg genannt wurde, von Hadwigastus v. Hagen
durch den Bau eines Hochschlosses verstärkt worden sein. Von König
Heinrich I, dem Sachsen, ist die Burg dann im großen Stil ausgebaut
worden. Sie wurde unmittelbares Reichslehen und kaiserliche Burg. 936 wird ein Hermann v. Hagen
genannt, welcher in unmittelbarem Dienst des Kaisers gestanden hat.
Unter Kaiser Otto I hat er als Kriegsoberst große Taten vollbracht. Auf dem Reichsturnier in Magdeburg 938 werden Eberhard v. Hagen
und seine Frau erwähnt. Letztere durfte die Dänke (Preise) verteilen,
wozu nur hochgeachtete Persönlichkeiten ausgewählt wurden. 962 ist Thoring von Hagen
genannt. Thoring hatte 38 Söhne, der Älteste, Rüdiger, bleibt im
Stammland südwestlich des Harzes, der älteste Sohn seines Enkels Bruno, Ernst, bleibt in Rüdigershagen. Von ihm leiten sich die vom Hagen, von dem Hagen und von Westernhagen ab. Ein Gunzelin von Hagen
zog mit Heinrich dem Löwen gegen die Slawen und entwickelte sich zu
einem hervorragenden Heerführer bei der Eroberung und Germanisierung des
Wendlandes. Als Dank wurde er Graf und Statthalter der neugebildeten Grafschaft Schwerin und damit Stammvater der Grafen von Schwerin. Während des gesamten Mittelalters war Thüringen und damit das Eichsfeld das Herzstück des Deutschen Lebensraumes.
Nach
der Niederlage der Thüringer wurden die Siedlungsgebiete nördlich der
Unstrut und Helme an die Sachsen abgetreten. Seither leben diese beiden
Stämme dort nebeneinander. Immer wieder fielen Slawen und Ungarn in
das Reichsgebiet ein. Die Heere des Kaisers, die das Reichsland schützen
mussten, setzten sich fast ausschließlich aus den Söhnen des
ritterlichen Adels zusammen. Zum Schutz der Grenzen gegen die Ostvölker ließ Heinrich im sächsisch-thüringischem
Raum verteilt zahllose Fluchtburgen erbauen, in denen neben einer
ganzen Reihe von ministerialen Rittergeschlechtern auch die v. Hagen
ihre Burgsitze hatten.
In diese Zeit der großen Burggründungen im
Thüringischen Raum fällt auch 1126 die Erbauung der Burg Indagine de
occipitale, nach der sich der Familienzweig Westernhagen nannte, durch
Thile v. Hagen südlich von Berlingerode im Rangetal. Angeblich soll
Thile 1086 wegen eines unglücklich verlaufenden Duells seine Güter
verlassen und in die Einöde des Eichsfeldes geflohen sein. Für die
hervorragenden Dienste, die er dem Kurfürsten von Mainz geleistet haben
soll, wurde er gut belohnt und durfte die Burg als Allodialbesitz
erbauen.
Als im Hermetal eine 2. Burg entstand, nannten sich die einen de Indagine (Hagen) de Orientale, die anderen de Occipitale. Dieser Familienzweig nannte sich gleichzeitig von Hagen, de Indagine oder von Westernhagen. Das
Castrum to dem Westernhagen war 400 Jahre Mittelpunkt der Macht und
eine sichere Zufluchtsstätte der Familie in den zahlreichen lokalen
Fehden. Zu dieser Zeit der Burgenerbauung war die Familie schon reich
begütert mit Allodialbesitz in Berlingerode, Bleckenrode, Brehme,
Ecklingerode, Ferna, Hundeshagen, Teistungen, Groven, Lohnsdorf,
Ickendorf, Westernhagen ind den Burgen Ostern-und Westernhagen. Zu
dem Allodialbesitz kamen noch zahlreiche Lehen des Stiftes Quedlingburg
in Nesselröden, Dudenborn, Campe, Rosenthal, Gerblingerode,
Immingerode, Tiftlingerode und Neuendorf, von der Grafschaft Blankenburg-Reinstein Teile von Hundeshagen, Rosenthal, Todelen, Güntherode und Reinholterode nach Aussterben der Grafen von Blankenburg-Reinstein, der Herzöge von Braunschweig. Geringfügige Lehen erhielten die Westernhagens von den Grafen Scharzfeld-Lauterberg,
den Grafen Eberstein, der Herrschaft Plesse und des Erzstiftes Mainz,
wobei es dabei im Wesentlichen um Lehen handelte, die nach Aussterben
der oben genannten Dynasten an den Landesherren fielen. Dies Lehen
wurden von den Westernhagens an Subvasallen als Afterlehen vergeben, wie
die v. Sothen, v. Wehren, v. Kaisenberg, v. Wintzingerode-Adelsborn, vom Hagen, Götz v. Olenhusen, v. Steinmetzen, v. Schwanenflügel, v. Zwehl.
Dies
zeigt, wie ausgedehnt im Mittelalter Lehensbesitzungen sein konnten und
wie zersplittert die Eigentumsverhältnisse im Eichsfeld waren. Landbesitz
bedeutete Macht, aber auch die Verpflichtung zu Kriegsdienst. Auf diese
Weise haben die adeligen Familien in den vielen Kriegen und Fehden, die
das Eichsfeld erschütterten, über die Jahrhunderte einen verheerenden
Blutzoll bezahlt, der zum Aussterben ganzer Familien oder Familienzweige
führte.
Durch das Patronatsrecht über die Kirchen und die
Patrimonialgerichtsbarkeit, die von den Westernhagens als hohe
Gerichtsbarkeit, auch sogenannte Halsgerichtsbarkeit ausgeübt wurde,
waren die bedeutenden Grundherren des Eichsfeldes fast Souveräne in
ihren Herrschaftsgebieten. Inhaber von Rittergütern hatten zudem Sitz und Stimme in den Landständen.
Vor
dem Absolutismus brachte es das alte Reichsrecht mit sich, dass kein
wichtiges Geschäft ohne den Adel, die Geistlichkeit und die Städte vom
Landesherren abgeschlossen werden konnten. Zur ständigen Ritterschaft
des Eichsfeldes mit Sitz in den eichsfeldischen Ständen gehörten die
Familien, die adelige Rittergüter besaßen, die Westernhagens hatten
davon elf.
Die Landstände wurden nach alter germanischer Sitte
unter freiem Himmel bei der Fegebankswarte nördlich von Heiligenstadt
abgehalten. So wurde z.B. 1495 die Ritterschaft wegen eines Streites
zwischen dem Rat zu Duderstadt und der Gemeinde Oberfeld zur
Fegebankswarte geladen. Der Streit soll durch Heinrich v. Westernhagen
und Borchart v. Entzenberg geschlichtet worden sein.
Dem
Zeitgeist entsprechend war es für die Dynasten eine Ehre, ein Kloster zu
gründen und die Grundherren mit ausgedehntem Allodialbesitz
unterstützten diese in ihren Regionen liegenden Klöstern durch
großzügige Schenkungen. So erhielt das Kloster Teistungenburg Ländereien und Pfründe von den Westernhagens und den stammesverwandten de Marchia. Für
das Patronatsrecht in Hundeshagen wurde 1282 Allodialbesitz in
Immegerode abgetreten, 1294 2 Hufen Landes in Neuendorf, 1333 zwei Höfe
in Teistungen, aber auch die Pfarrkirchen erhielten Stiftungen, wie 1370
Berlingerode, Teistungen und Hundeshagen.
Ritterspiele und
Turniere gehörten zu dem ritterlichen Leben. 1368 und1376 werden
Dietrich und Burchard v. Westernhagen auf einem Turnier in Göttingen
genannt, das Otto von Braunschweig veranstaltete.
Das 14.und 15. Jahrh. war durch erhebliche Landzugewinne durch Zukauf oder Belehnung gekennzeichnet. 1312 erhielt Hermann de Indagine die Vogtei über 4 Dörfer als Eigentum von Otto Graf von Lutterberg. 1333 erwarben Heinrich, Burkard und Thile v. Westernhagen durch Kauf das Gut Schachtebich von den Gebrüdern Hanstein. 1338 belehnte Herzog Heinrich II von Braunschweig die Westernhagens mit Vrende. 1347
verkauft das Kloster Teistungenburg ein Drittel von Toteln an Dietrich
Burchard und Heinrich v. W., 1354 wird ein weiteres Drittel erworben. 1356 verkauft Hugo v.d.Mark das Gut Nesselröden an die Westernhagens.
Unter
dem niederen Adel des Eichsfeldes hatte die Familie v. W. den größten
Allodialbesitz, die meisten Kirchenpatronate und Vogteien . Im
15.Jahrh. kam es fortwährend zu Streitigkeiten, Kämpfen und Fehden der
Fürsten, der Städte und des Adels. Die Westernhagens schlossen sich
diesen Fehden nicht an, sondern standen treu hinter ihrem Landesherrn,
dem Kurfürsten zu Mainz. Außerdem versuchten sie ihren ausgedehnten Allodial- und Lehnsbesitz zu festigen.
Wie
angesehen die Familienmitglieder zu dieser Zeit waren, geht aus den
zahllosen Urkunden hervor, in denen die Westernhagens als Zeugen
siegelten. Als Stadthauptmann von Duderstadt konnte Thile von
Westernhagen und sein Bruder Berld als solcher von Nordhausen ehrenvolle
Stellungen bekleiden. Beide galten als tapfere und unerschrockene
Ritter, die in diesen fehdereichen Zeiten die ihnen anvertrauten Städte
zu schützen verstanden. Im Wesentlichen während des 14. und 15.
Jahrhunderts wurden in der Goldenen Mark Warttürme zum Schutze der
Städte, Dörfer und Heerstraßen errichtet.
Davon lagen folgende Warten in der unmittelbaren Nähe oder auf Westernhagenschem Allodial- oder Lehenbesitz: Die Immingeröder Warte Die Hahnekratz Warte bei Ecklingerode Die Nesselröder Warte Die Rothe Warte bei Herbigshagen Die Häger Warte bei Berlingerode Die Warte auf dem Graseforst.
Die
Kirchtürme der Westernhagenschen Patronatskirchen Ecklingerode und der
1905 abgebrochenen Kirche von Berlingerode sollen Warttürme gewesen
sein, an die die Kirchenschiffe angebaut wurden. Ein Teil dieser Warten war von den Westernhagens ganz oder teilweise finanziert.
Die
Verknüpfung mit der Kirche war im Eichsfeld besonders intensiv, da sie
nicht nur die geistliche, sondern auch die weltliche Macht verkörperte.
Tilemann
v. Westernhagen bekleidete als Dekan der Domherren von Erfurt eine
hervorragende Stellung. Sein Grabmal im Dom zeugt heute noch von ihm. Viele
Söhne des Adels immatrikulierten sich im 15. Jahrh. bereits an der
Universität Erfurt, wie Tile von Westernhagen. Später wurde er ebenfalls
Domherr zu Erfurt. Andreas v. Westernhagen immatrikulierte sich
1478, studierte zunächst Medizin, wechselte aber 1482 zur Theologie, um
1483 in der Severi-Kirche in Erfurt ordiniert zu werden. Wenn auch
23 Jahre älter, kannte er wahrscheinlich Martin Luther, der 1501 die
Universität Erfurt bezog.
Die von Westernhagen hatten in der Severi-Kirche
seit alters her ein geistliches Lehen über den Altar und die von ihnen
fundierte Vicarii.S.S. Peter und Paul, was das Recht beinhaltete,
Geistliche einzustellen. Auch als Stiftsdamen oder Nonnen werden
zahlreiche Töchter der Familie genannt. Ermgard bekleidete als Äbtissin
von „Unserer lieben Frauen" zu Ehrfurt ein ehrenvolles Amt.
Zum Ende des 15. Jahrh. nahmen die Unruhen auf dem gesamten Eichsfeld, besonders auch in Duderstadt zu. Die
Bürgerschaft lehnte sich offen gegen den Magistrat auf, setzte den
Bürgermeister von Wehren ab und wählte einen neuen Bürgermeister Hermann
Rode.
Dieser Aufruhr in der Stadt zog die auf der Burg und den
Edelhöfen lebenden Westernhagens insofern in Mitleidenschaft, als Handel
und Wandel in Duderstadt stockten und der gesellige und wirtschaftliche
Verkehr mit den in der Stadt wohnenden Lehensleuten, wie den v. Wehren,
v. Roden, v. Sothen, v. Hagen und anderen beeinträchtigt wurde.
Der junge Oberamtmann des Eichsfeldes Graf Heinrich v. Schwarzburg war nicht in der Lage, wieder für Ordnung zu sorgen. Die Ritterschaft des Eichsfeldes versammelte sich 1478 in Reinholterode, um über die Lage im Eichsfeld zu beraten. Im
folgenden Jahr berief der Oberamtmann wegen der Beschwerden, auch über
seine Person, die Ritterschaft und Städte zur Fegebanks Warte, um mit
ihnen zu verhandeln. Inzwischen hatten sich die Verhältnisse so
zugespitzt, dass sich der Kurfürst entschloss, persönlich in das
Eichsfeld zu kommen, um Ruhe und Ordnung zu stiften.
Diese Unruhen waren die Vorboten der schweren Auseinandersetzungen im 16.Jahrh., die in Reformation und Bauernkrieg gipfelten.
In
Duderstadt nahm der Kurfürst am 17.Okt.1479 die Huldigung der Stadt
Duderstadt und des Adels entgegen und hielt selbst das Hochamt in der
Oberkirche. Vier Tage später schloss er sich mit 500 Reitern des
Kurfürsten von Sachsen zusammen. Gemeinsam eroberten sie Gieboldehausen,
Heiligenstadt und den Rusteberg.Den ungetreuen Oberamtmann trieb der
Kurfürst außer Landes.
In dieser Zeit waren es vornehmlich die Westernhagens, die ihrem kurfürstlichen Landesherrn treu zur Seite standen. Aus
diesem Grunde war der Kurfürst am 31.Okt. 1479 so gnädig, den
Westernhagens noch eine Zahl weiterer Güter und Zehnte zu Lehen zu
geben.
Durch sein Erscheinen hatte der Kurfürst zunächst Frieden
stiften können, aber die Zwietracht glimmte weiter fort, bis sie im
Bauernkriege 1525 erneut aufloderte. Obwohl im Jahre 1495 auf dem
Reichstag zu Worms unter Kaiser Maximilian ewiger Landfriede beschlossen
worden war, verlor sich das Fehdewesen erst ganz allmählich. Das
Rittertum hatte durch die Weiterentwicklung der Schusswaffen immer mehr
an Bedeutung verloren, so war es auch mit den Ritterburgen, die
Kanonaden nicht standhielten.
Deswegen zogen die ritterlichen
Familien aus ihren festen Schlössern in die bequemeren Gutshäuser ihrer
Landsitze, so auch viele Westernhagens noch vor der Zerstörung der Burg
im Bauernkrieg.
Obwohl der umfangreiche Allodial- und
Lehensbesitz der Familie gemeinschaftliches Eigentum war und von dem
jeweiligen Senior familiae verwaltet wurde, hatte sich im 15. Jahrh. der
Allodialbesitz der einzelnen Familienstämme durch Kauf und Erbschaft
sehr verändert.
Wegen dieser veränderten Besitzverhältnisse
teilte sich die Familie in die Teistunger Linie, der Nachfahren des
Hans, der 1433 verstorben war und die Berlingeröder Linie seines 1419
verstorbenen Bruders Burchard.
Nach vertragsmäßiger Teilung des Gesamtbesitzes entstanden im 16. Jahrh. aus diesen beiden Linien die 4 Stämme: Der Burgstamm Der Teistunger Stamm Der Ottostamm Der Wallstamm
7
Das
16.Jahrh. war für die Familie von besonderer Bedeutung, wegen des
Bauernaufstandes, der Zerstörung der Stammburg, der Änderung der
Gerichtsordnung mit der Errichtung eines dem Hofgericht zu Mainz
unterstellten Landgerichts zu Heiligenstadt und der Reformation und
Gegenreformation.
Bereits Ende des 15.Jahrh. hatte sich in ganz
Deutschland eine Bewegung der Bauern und der ärmeren Stadtbevölkerung
bemerkbar gemacht, sich von dem Druck der Grundherren, Klöster, Kirchen
und der Stadträte zu befreien. Ein Grund dafür war auch ein Klimasturz in unseren Breiten, die sogen. „Kleine Eiszeit", der zu erheblichen Missernten führte.
Besonders zerstörerisch wirkte sich der Groll im Eichsfeld durch Thomas Müntzer und Heinrich Pfeiffer
aus, die die Scharen fanatisierten und gegen die Burgen und Schlösser
des Adels und die Klöster und Städte brennend und mordend führten.
Besonders
folgenschwer traf dieser Aufruhr die Familie Westernhagen, obwohl sich
den marodierenden Bauernhaufen nicht die Bauern des Untereichsfeldes,
der Besitzungen der Familie, angeschlossen hatten. Auf ihrem Zug
nach Duderstadt lockten die Bauern die Besatzung der Burg Westernhagen
aus der Burg mit der Behauptung, die Hansteins bedürften ihrer Hilfe.
Als die Burg praktisch schutzlos geworden, überfielen sie die Burg und zerstörten sie restlos, ebenso das in der Nähe liegende Dorf Westernhagen.
Eine
Amme soll den Knaben Heinrich als ihr Kind ausgegeben haben und es auf
diese Weise in das Kloster Teistungenburg retten können. Von da wird er
mit den Nonnen nach Duderstadt gebracht worden sein, denn auf ihren
Raubzügen zerstörten die Haufen neben Berlingerode und Teistungen auch
das Kloster Teistungenburg.
Heinrich wurde später ein eifriger
Verfechter des evangelischen Glaubens und deswegen vom Landgrafen
Wilhelm von Hessen aus Dank zum Droste über das neue Haus Gleichen und
die Herrschaft Plesse ernannt. Der Taufepitaphdes des Heinrich ist
heute noch im Besitz der Familie, ebenso der angeblich ebenfalls von der
Amme gerettete Abendmahlskelch und der Hostienteller aus der
Burgkapelle.
Der durch das Mordbrennen der fanatisierten Haufen
entstandene Schaden betrug im Eichsfeld 16000 Gulden, an den Klöstern
allein 6000 fl., die Familie Von Westernhagen verlor an Gebäuden, Vieh und Inventar ungefähr 1540fl.
Mit der Zerstörung der Burgen Oster-
und Westernhagen waren die beiden ältesten Wohnsitze verloren gegangen
und die in Teistungen und Berlingerode niedergebrannten Edelsitze
mussten zu Wohnzwecken neu aufgebaut werden. Die Verwaltung und Bewirtschaftung der zahlreichen übrigen Höfe und Vorwerke mit Land-
und Waldbesitz in anderen Ortschaften, sowie Einziehung und Verteilung
der namhaften Zehnten, Zinsen und Gefälle als gemeinschaftliche
Einkünfte der Familie bereitete zunehmend Schwierigkeiten.
Deswegen erfolgte eine Aufteilung des gesamten Allodial- und Lehnsbesitzes an die vier Stämme der Familie. Die
Oberaufsicht über die bedeutenden Lehen mit vier verschiedenen
Lehenshöfen, sowie der Verwaltung der Gerichtsbarkeit in den
Westernhagenschen Gerichtsdörfern, musste gemeinsam für alle
Familienzweige von dem jeweiligen Senior familiae vorgenommen werden.
Er
war auch bei jedem Wechsel der Lehnsherrschaft zur Empfangnahme der
Lehen autorisiert. Ebenso unterstand ihm das Patronatsrecht über die
Kirchen in Berlingerode, Ferna, Hundeshagen, Ecklingerode und Brehme.
Zu
außerordentlichen Turbulenzen führte im Eichsfeld die Reformation und
Gegenreformation. Kurz vor und bald nach den Bauernaufständen hatte sich
eine religiöse Bewegung gezeigt, die hauptsächlich auf den Lehren von
Martin Luther fußte.
Die gebildeten Stände der Städte und der
Landadel hatten längst ihre Bildung durch den Besuch von Universitäten
bereichert. So sind in den Immatrikulationslisten von Erfurt mehrere
Söhne der Westernhagens zu finden. Hier wurden sie auch mit den Lehren
des Humanismus vertraut.
Unter den katholischen Geistlichen,
besonders auf dem Lande, fanden sich hingegen viele zu dieser Zeit, die
nur geringe Schulbildung besaßen und bezüglich ihres Lebenswandels der
Gemeinde nicht als Vorbild hingestellt werden konnten.
Auch die
Zucht und Ordnung in den Klöstern ließ zu wünschen übrig. Die Forderung
nach Reformation der Kirche fand deswegen auch im Eichsfeld immer mehr
Anhänger.
Einer der Ersten, die sich offen zum evangelischen
Glauben bekannten, war Christoph v. d. Hagen auf Deuna. Auch die
Hansteins wurden an der Universität Wittenberg und Erfurt mit der neuen
Glaubenslehre konfrontiert. Sie bekannten sich dazu und wurden später
eifrige Förderer der reformatorischen Bewegung innerhalb der Dörfer des
Hansteinschen Gerichtes.
Fast der gesamte Adel folgte diesen
Beispielen, was besondere Bedeutung hatte, weil die Grundherren auch
meist Patronatsherren ihrer Kirchen waren.
Für
den Adel war die Frage, ob evangelisch oder katholisch nicht nur eine
Glaubenssache, sondern vor allem auch eine Auseinandersetzung mit der
weltlichen Macht des Kurfürsten von Mainz.
Da in den Kirchen
trotz des Patronatrechtes der Grundherren evangelische Priester nicht
eingestellt werden durften, stellten die Grundherren die ev. Priester
als Hausgeistliche ein und öffneten dabei auch die Tore für die
Bevölkerung.
Nach dem Tode von Kardinal Albrecht setzten die
Patronatsherren z. T. mit Waffengewalt evangelische Pastoren in ihre
Kirchen ein, was jedoch gegen das Kirchenrecht verstieß. Das Verlangen
des Erzbischofs, sie wieder zu entfernen, wurde zunächst ignoriert. Um 1559 waren alle Bewohner der Westernhagenschen Gerichtsdörfer evangelisch geworden.
Um
die Gegenreformation voranzutreiben, wurde in Heiligenstadt eine
Jesuitenschule gegründet, schließlich kam Kurfürst Daniel persönlich ins
Eichsfeld. Von den Westernhagens, die eine wesentliche Rolle in der
Reformationsbewegung spielten, verlangte er ohne Erfolg die Entlassung
der evangelischen Pastoren in ihren Kirchspielen.
Trotz
verschiedener Druckmittel, wie Entzug von kirchlichem Lehensland,
Geldstrafen, dem Verbot, häretische Bürger auf geweihtem Gottesacker
beizusetzen, war gegen 1572 der gesamte Adel des Eichsfeldes mit
Ausnahme des Hans v. Westernhagen, mit den Untertanen ihrer Gerichts- und Patronatsdörfer zum Luthertum übergetreten.
Die
1574 eingesetzten Visitatoren des Kurfürsten zitierten die
evangelischen Pastoren nach Heiligenstadt, um sie abzusetzen oder
auszuweisen, was nach der Vereinbarung des Reichstages von 1555, wonach
der Landesherr die Religion seiner Untertanen bestimmen durfte, ihr
gutes Recht war. So wurde auch die Absetzung der Prädikanten von
Teistungen und Berlingerode verfügt, was aber am Widerstand der
Westernhagens scheiterte.
Eine Rückführung der Bevölkerung durch
die Visitatoren und Jesuiten zu Katholischem Glauben wurde in den
Gerichtsdörfern der Wintzingerodes, Hansteins und Westernhagens
verhindert.
Durch die Westernhagens beeinflusst, verfasste der
gesamte Adel des Eichsfeldes eine Bittschrift an den Kurfürsten Daniel,
ihnen und ihren Kirchdörfern, die Augsburgische Konfession zu belassen. Daniel berief sich aber auf sein Recht als Landesherr, die Religion seiner Untertanen bestimmen zu dürfen.
Mit
Hilfe des evangelischen Kurfürsten von Sachsen und des evangelischen
Landgrafen von Hessen versuchte die Ritterschaft im Kurtage von
Regensburg, ebenfalls vergeblich, der sogenannten Ferdinandschen
Deklaration Gesetzeskraft zu geben, nach der die Konfessionen friedlich
nebeneinander leben sollten.
Noch währen des Reichstages von Augsburg 1576, als der ev. Adel wiederum versuchte für die Bevölkerung in ihren Gerichts-
und Patronatsdörfern die Religionsfreiheit durchzusetzen, hat der
Kurmainzische Oberamtmann von Strahlendorff die evangelischen
Prädikanten mit Gewalt aus den Kirchen entfernt, so auch aus den
Westernhagenschen Dörfern.
Im November 1578 überfiel der
Oberamtmann bei Nacht Teistungen und Berlingerode, entführte 7 Einwohner
und steckte sie ins Gefängnis, da sie vom evangelischen Glauben nicht
lassen.
Heinrich von Westernhagen, der im Bauernkrieg aus der Burg gerettet wurde, war ein Vorkämpfer der Eichsfeldschen Ritterschaft. Er musste deswegen auf die Burg Plesse flüchten, auf der er Droste war.
In
den Gerichtsdörfern des Adels hielt der Widerstand gegen die
Katholisierung länger an, als in den Städten. So wechselten z.T. unter
Anwendung von Gewalt evangelische und katholische Pfarrer bis zu
sechsmal in einem Dorf.
Noch 1607 war die Hälfte der Bevölkerung in den Westernhagenschen Dörfern evangelisch.
Unter
den evangelischen Pastoren nahm der von Wilhelm und Heinrich v.
Westernhagen nach Teistungen berufene Caspar Schmid eine hervorragende
Stellung ein. Er hatte noch unter Luther in Wittenberg studiert und
offen, nicht nur in allen Westernhagenschen Kirchspielen gepredigt,
sondern auch bei den Geistlichen der Umgebung als Berater gewirkt. Sogar der Kurfürst Daniel nannte ihn später den „fürnehmsten" der Prädikanten.
Um
die Vertreibung der ev. Pfarrer aus den Kirchspielen des Adels endlich
durchsetzen zu können, kam Kurfürst Daniel persönlich mit einer
Söldnerschar von 2000 Mann ins Eichsfeld. „Durch die von
Westernhagen mit angereizt" kam fast der gesamte Adel des Eichsfeldes im
März 1575 in Worbis zusammen, um eine Bittschrift an den Kurfürsten zu
verfassen, dass er ihnen die Augsburgische Konfession belasse.
Der
Kurfürst nahm dies Bittschrift sehr ungnädig auf. In seinem
Antwortschreiben beklagte er sich über die Anmaßung der Ritter und dass
die Mehrzahl zu diesem ungebührlichen Vorgehen durch die Westernhagens
angereizt worden seien. Die Bittschrift wurde von Heinrich von
Westernhagen und Martin von Hanstein als Deputierte der Ritterschaft
1575 in Regensburg übergeben.
Während dieses Jahres wurde Bertold
v. Wintzingerode vom Oberamtmann v. Stralendorff festgenommen und nach
einem Prozess auf dem Marktplatz von Mainz hingerichtet, was die
Ritterschaft zutiefst empörte.
Erst 1595 machte Kurfürst Wolfgang
den Mitgliedern der Ritterschaft das Zugeständnis, für ihre Familie in
ihren verschlossenen Häusern und Kapellen evangelischen Gottesdienst
abhalten zu lassen. Entgegen diesem Dekret öffneten die Westernhagens ihre Häuser den Untertanen zum evangelischen Gottesdienst.
Unendlich
viel Elend brachte der 30jährige Krieg über das Eichsfeld. Besonders
die Goldene Mark war gleichsam die Heerstraße von der Weser bis zur
Elbe.
Kaiserliche und Schwedische Heerscharen lösten sich ab,
wodurch der ehemalige Wohlstand der Städte, Dörfer Klöster und Güter des
Adels, so auch besonders der Familie von Westernhagen, zusammenschmolz.
In
dem unter einem geistlichen, katholischen Fürsten stehende Eichsfeld,
in welchem bald katholische kaiserlich Tillysche und Wallensteinsche,
bald evangelische schwedische Torstensonsche oder Königsmarcksche
Truppen einrückten und Winterquartier bezogen, fand die durch den
Religionsstreit hervorgerufene Zwietracht zwischen Fürst und Volk, sowie
dem eichsfeldschen Adel und seinen Untertanen immer von neuem Zündstoff
und Nahrung.
Die Milizen des Fürsten waren außerstande das Land zu schützen. Die protestantische Ritterschaft unter Hans-Albrecht von Westernhagen hielt die Ordnung mit ihren Mannen aufrecht.
Der
Religionsstreit zwischen dem protestantischen Herzog Christian von
Braunschweig und dem katholischen Kurfürsten Johann Schweikart von Mainz
erreichte 1622 und 1623 seinen Höhepunkt, indem Christian mit seinen
Söldnerscharen in das völlig wehrlose Eichsfeld einfiel, diesem große
Summen abpresste und es zur Plünderung freigab.
Bei dieser Gelegenheit wurden auch die Güter des evangelischen Adels, besonders der Westernhagens heimgesucht.
Nach
Vertreibung der Braunschweiger durch Tilly, leitete der Kurfürst die
Rekatholisierung erneut mit Macht ein. Jedermann sollte die katholischen
Gottesdienste besuchen. Die evangelischen Gerichtsherren weigerten
sich aber trotz der ihnen zugegangenen Befehle und Drohungen, ihre
evang. Geistlichen zu entlassen und ihre evang. Untertanen zum Besuch
der kath. Gottesdienste anzuhalten.
Als Strafe wurden ihre Güter
und Pfarrdörfer übermäßig mit kaiserlichen Truppen belegt und derartig
ausgesogen, dass sie schließlich genötigt waren, ihre evang. Pastoren zu entlassen. Die
Kriegslasten waren so drückend, dass viele Familien gezwungen waren,
Gelder aufzunehmen, Güter zu verkaufen oder zu verpfänden, so die
Westernhagens ihr Vorwerk in Immingerode.
Erst unter Kurfürst Friedrich von Greifenklau wurde der Protestantismus im Eichsfeld völlig vernichtet. Mit wenigen Ausnahmen blieb der grundbesitzende Adel seinem evang. Glauben treu.
Ende 1629 hatten es die Jesuiten erreicht, dass auch Duderstadt und Umgebung wieder katholisch geworden waren. Als
die schwedischen Truppen 1631 die Kaiserlichen aus dem Eichsfeld
zurückgeworfen hatten, wurde die Lage der Evangelischen etwas besser,
was die evang. Truppen nicht daran hinderte, die Gerichtsdörfer der
Westernhagens durch zahlreiche Einquartierungen zu belasten.
Nach den Siegen des evang. Herzogs Wilhelm von Sachsen-Weimar
haben die Westernhagens 1633 wieder anstelle der kathol. Pfarrer einen
protestantischen Prediger für Berlingerode und Teistungen eingesetzt.
Im gleichen Jahr berief Herzog Wilhelm einen Landtag zu der Federbanks Warte bei Heiligenstadt ein. Der
Herzog forderte ein Verzeichnis der entstandenen Kriegsschäden ein, da
nach den Truppendurchmärschen, Verbrennungen und Plünderungen der
Ortschaften in keinem Dorfe oder Gute noch ein Nutztier zu finden war.
Die Liste der Kriegsschäden, die Heinrich v. Westernhagen auf Berlingerode Bleckenrode auflistete, betrug 1092 Reichsthaler. Ein Pferd kostete damals etwa 50 Reichsthaler, eine Kuh 10 Reichsthaler.
Nachdem
Herzog Wilhelm 1635 das Eichsfeld dem Kurfürsten Anselm Casimir
zurückgegeben hatte, wurden bis auf zwei evang. Pastoren im Gericht
Wintzingerode alle anderen evangelischen Prediger abgesetzt oder
ausgewiesen.
Über das Amt Wintzingerode verfügte der Herzog von Braunschweig, der 1634 den Bodenstein geerbt hatte.
1639-41 herrschten im Untereichsfeld wieder die Schweden Der
ständige Wechsel durchziehender Truppen führte zu so einer
katastrophalen Verarmung, dass der Senior der Familie von Westernhagen
der Äbtissin von Quedlingburg schrieb, es sei ihm nicht möglich, den
Lehenszins zu zahlen, da er nicht mehr als einen Pfennig besitze, die
Westernhagens seien an den Bettelstab gekommen und hätten mit Weib und
Kind davongehen müssen.
Von dieser Ausplünderung hat sich das Eichsfeld nicht wieder vollständig erholt
Nach der Räumung des Eichsfeldes von den Kaiserlichen wurde Hans-Albrecht v. Westernhagen zum Obristen und Commandeur des Eichsfeldes ernannt.
Die
Schweden verlangten eine Schleifung der Festungswerke von Duderstadt
und des Gleichensteins. Die Verhandlung darüber wurde von Hans-Albrecht in Erfurt mit dem Schweden Torstensohn geführt.
Mit
Beendigung des 30jährigen Krieges im sogenannten Westphälischen Frieden
vom 24.10.1648 wurde Rechtssicherheit in Glaubensfragen erzielt. Wer am 1.1.1624 im Besitz einer Kirche war, sollte sie behalten.
Die unmittelbaren Reichsstände (die Ritterschaft) behielten das Recht, die Augsburger Konfession auszuüben. Die
evangelischen Untertanen katholischer Fürsten und die katholischen
Untertanen evangelischer Fürsten sollten die Religion behalten dürfen,
die sie 1624 ausübten.
1681 brach die Pest im Eichsfeld aus. Sie
wütete 1682 besonders in Duderstadt, Worbis, Brehme, Ecklingerode und
anderen Ortschaften. Die durch den Krieg bereits dezimierte
Bevölkerung wurde dadurch weiterhin verringert. Auch vor den Häusern des
Adels und den Klöstern machte die Epedemie nicht halt.
Eine
weitere Belastung für die Lehensleute zeigt ein Prozess, den die
Ortschaften Teistungen, Berlingerode, Hundeshagen, Bleckenrode und Ferna
gegen ihre Lehensherren, die Westernhagens, vor dem Landrichter in
Erfurt führten. Hier wird bezeugt, wie hoch die Belastungen der Lehensleute im 17.Jahrh. waren. Ackersleute mussten jährlich 2 Tage pflügen, 2 Tage Mist ausfahren, 2 Tage Früchte und einen Tag Heu fahren. Hintersättler mussten in der Ernte 5 Tage schneiden und wenn nötig 3 Tage dienen
Streit gab es häufig um die Hüterechte. Die
Westernhagens sollten in Ecklingerode und Brehme nicht mehr al 400
Schafe hüten. Das zeigt, welche Bedeutung damals die Schafzucht in
unserem Gebiet hatte.
Der Siebenjährige Krieg (1757-1763)
ließ wieder die verschiedensten Truppen durch das Eichsfeld ziehen. Sie
brachten wieder viel Elend für das schon so schwer heimgesuchte Land. Vom Anfang bis zum Ende hörten die Einquartierungen, Durchmärsche, Lieferungen und Erpressungen von Stadt und Land nicht auf. Besonders
betroffen hat es wieder das Untereichsfeld, durch das die Heerstraße
von Duderstadt über die Westernhagenschen Liegenschaften nach Nordhausen
führten
Konnte die Stadt Duderstadt den zahlreichen Mannschaften
nicht Quartier und Verpflegung für Soldaten und Pferde geben, wurde auf
die benachbarten Ortschaften, besonders die Westernhagenschen
Gerichtsdörfer zurückgegriffen. Heu, Stroh und auch
das noch nicht gedroschene Getreide wurde aus den Scheunen geholt,
Bretter, Zäune, Türen und Möbel konfiszierten die Truppen als
Brennmaterial.
Noch kurz vor der Unterzeichnung des
Hubertusburger Friedens 1763 wurden von den preußischen Truppen 800000
Taler, 1000 Rekruten, 500 Pferde, 500 Wispel Korn (etwa 500 t), 200 Wispel Gerste und 500 Wispel Hafer von dem völlig ausgeschöpften Land erpresst.
Die einmal sehr vermögende Familie von Westernhagen wurde damit auf das schwerste geschädigt. Die
ausgedehnten Waldungen der Familie mussten schon im 30jährigen Krieg
und jetzt wieder im 7jährigen Krieg großflächig zur Geldbeschaffung
eingeschlagen werden. Diese Abholzungen haben bis heute den
Wasserstand der durch die Westernhagenschen Besitzungen fließenden Bäche
Brehme und Hahle so vermindert, dass sich die Fischzucht nicht mehr
lohnte.
Da die evangelischen Geschlechter nicht mehr Zutritt zu den Ehrenplätzen im Domkapitel und zu den Hofchargen-Ämtern
beim Kurfürsten hatten, mussten sich die nachgeborenen Söhne der
Familie immer mehr im Militärdienst verdingen, was zur Folge hatte, dass
der Blutzoll, den diese Familien leisteten so hoch war, dass einzelne
Linien ausstarben, wovon die Westernhagens nicht verschont blieben.
Durch den Frieden von Luneville wurde das Königreich Preußen im Reichs- Deputationshauptschluss
für seine linksrheinischen Besitzverluste mit Erfurt, Teilen Thüringens
und dem gesamten Eichsfeld entschädigt.
Damit war das Eichsfeld nach ungefähr 700 Jahren nicht mehr vom Krummstab regiert. Die Schranken fielen, welche den Protestanten seit der Reformation im Eichsfeld auferlegt waren.
Die
Westernhagens wurden bereits seit Friedrich dem Großen im königlichen
Pagencorps erzogen und waren in preußischen Garderegimentern aktiv. Nach der Übernahme des Eichsfeldes durch die Preußen, konnte man sie vermehrt in preußischen Regimentern finden.
Nach
der unglücklichen Schlacht bei Jena und Auerstädt gegen die
Napoleonischen Truppen 1806, musste das Eichsfeld im Frieden von Tilsit
1807 an Frankreich abgetreten werden. Es wurde dem Königreich Westphalen unter „König Lustig" Jerome Bonaparte, dem Bruder Napoleons, zugeschlagen.
1808 zog man 200 Wahlmänner des Departements zusammen, um in Heiligenstadt Friedensrichter, Distrikts-, Departements- und Reichsräte zu wählen. Für die von Westernhagen fungierte der Kammerherr August Wilhelm
Im gleichen Jahr hob die französische Regierung die Patrimonialgerichtsbarkeit auf, was zu erheblichen Einnahmeverlusten für die Familie führte.
1809 verfügte man die Umwandlung der Feudal- und Lehensbesitzungen in Allodium. Die Ausführung dieses Gesetzes zog sich bis in die Mitte des 19.Jahrh. hin. Diese Anordnung war für die meisten Grundherren katastrophal
Da
die 11 Westernhagenschen Rittergüter nur Sattelhöfe waren, die wenig
Land selbst bewirtschafteten und das meiste Land an die Bauern
verpachtet, zu Lehen gegeben hatten, verloren sie innerhalb weniger
Jahre, die Lebensgrundlage, da nicht nur die Pachtgebühren für das Land,
sondern auch Mühlen-, Jagd-, Brenn-, Schürfrechte und Brückenzoll neben anderen neben anderen Pfründen verloren gingen. Als Entschädigung wurde 1% der Lehenseinnahmen als sogenannte Allodifikationsrente vom Staat bezahlt.
Der
Preußische Staat war nach Wiedergewinnung des Eichsfeldes 1813 nicht
willens, diese Enteignung des Adels wieder rückgängig zu machen.
Die
Famlie v. Westernhagen verarmte auf diese Weise so, dass sie im Laufe
der folgenden Jahrzehnte 8 ihrer Rittergüter verkaufen musste.
An den Freiheitskriegen 1813-15 hat eine große Anzahl Westernhagens teilgenommen. Der
spätere preußische Rittmeister und Kreisdeputierte Levin von
Westernhagen war gerade 14 Jahre alt. Für seine Tapferkeit wurde er mit
dem 1813 gestifteten Eisernen Kreuz ausgezeichnet.
Im September 1815 tritt Preußen die ehemaligen Ämter Lindau und Gieboldehausen sowie das Gericht Duderstadt an Hannover ab.
Diese
Teilung des Eichsfeldes war wegen der uralten menschlichen und
wirtschaftlichen Bindungen der Bevölkerung und der gemeinsamen
Zugehörigkeit zum Katholizismus für die Eichsfelder eine schwere
Belastung.
Erst mit der Errichtung des unmenschlichen „Eisernen
Vorhanges" durch die Kommunisten, wurde diese damals geschaffene Grenze
unüberwindlich. Die Tragödien, die damit verbunden waren, sind uns allen bekannt.
Das Edikt von1807 brachte die Aufhebung der Gutsuntertänigkeit, aber erst 1831 wurde das ständische Prinzip wirklich aufgegeben. Weiterhin waren die Landratsposten jedoch vorwiegend mit Angehörigen des Adels, oder mit ehemaligen Offizieren besetzt.
Nach
dem Preußischen Dreiklassenwahlrecht bildeten die Besitzer
landtagsfähiger Rittergüter den ersten Stand gegenüber Städten und
Landgemeinden.
Die Gemeindeselbstverwaltung wurde 1892 im Landtag durchgesetzt, die Reste der Gutsuntertänigkeit erst 1927 beseitigt.
Die
Ablösung der Lehensverhältnisse gab die Möglichkeit der Erbteilung, die
nicht nur die bäuerlichen Betriebe, sondern auch die Güter bis zur
Unwirtschaftlichkeit verkleinerte. Die Industrialisierung, die zuerst
die Spinnereien und Wollwebereien erfasste, machte die Nebeneinnahmen
zahlloser bäuerlicher Betriebe zunichte.
Die Armut auf dem Eichsfeld wuchs ständig
Der ebenfalls verarmte Adel war genötigt zum Militär zu gehen. Häufig waren die Zweit- und Drittgeborenen nicht in der Lage, die Heiratskaution zu hinterlegen, die von den Regimentern verlangt wurde. Diese
Söhne blieben unverheiratet, die Zahl der Namensträger wurde kleiner,
was sich in unserer Familie schmerzlich bemerkbar machte.
Der Ausbruch des 1. Weltkrieges mit der Mobilmachung nahm den Familien ihre Ernährer. Von
den Westernhagens fielen „für Kaiser und Reich" allein 12 Offiziere.
Diesen Aderlass konnte die Familie nicht wieder wettmachen, zumal im 2.
Weltkrieg nochmals 13 Offiziere bzw. Fahnenjunker ihr Leben lassen
mussten.
Während der Kampfhandlungen des 2. Weltkrieges, die das
Eichsfeld zunächst unberührt ließen, kam es in der Endphase mit der
Eroberung durch die Amerikaner auch hier zu Zerstörungen ziviler
Einrichtungen und von Kulturschätzen.
Die Übernahme des Eichsfeldes durch die Rote Armee führte zur Zerstörung aller sozialen Strukturen. Die geistige und finanzielle Oberschicht floh in die Westzonen. Den Adel ermordete, verschleppte oder vertrieb man.
Die
Sowjets und ihre Handlanger, die deutschen Kommunisten, hinterließen
nach Scheitern ihres auf Bajonetten aufgebauten Systems 1989 zerstörte,
ruinierte Städte, Industrien, Straßen und Bildungssysteme.
Die
Jahrhunderte lang vorhandenen bäuerlichen Strukturen, die 1925 noch etwa
90 % des Bodens bewirtschafteten, wurden durch die
Zwangskollektivierung beseitigt, die Güter mit über 100 ha enteignet, so
auch der letzte größere Westernhagensche Betrieb, der Unterhof in
Teistungen.
Der für eine Enteignung zu kleine Oberhof blieb als
einziges ehemaliges Rittergut im Besitz der Familie, allerdings in einem
beklagenswerten Zustand.
Wie im Eichsfeld nach der
Wiedervereinigung mit unglaublicher Energie der Wiederaufbau
vorangetrieben wurde, ist auch der Oberhof im alten Glanze
wiederentstanden.
Nur wenigen Familien ist dieses Glück
beschieden, da die Bundesrepublik nach der Wiedervereinigung nicht
bereit war, das geraubte Gut zurückzugeben. Ohne Eigentümer verrotten
auf diese Weise zahllose Kulturgüter im Eichsfeld weiter vor sich hin.
Nur
der christliche Glauben, der den Menschen über die Jahrhunderte half,
Not, Elend, Verfolgung und ideologische Systeme, wie den nationalen
Sozialismus und den bolschewistischen Sozialismus zu überleben, hat das
Eichsfeld und seine Menschen in ihrer Besonderheit bis heute bewahrt.